
Wie heißt es so schön auf der Weißen Landtafel? Traditionelles und Neues miteinander in Einklang zu bringen und zu bewahren, bedeutet Teamgeist und Zusammengehörigkeitsgefühl. Und kein Stillstand!
Genau das ist es auch, was in der Komturei Lietzen auf der Lebuser Platte in Brandenburg seit 1232 gehandhabt wird. Ok, ob die frühmittelalterlichen Herren des geistlichen Templerordens, die hier auf einer herrlichen Anhöhe den Grundstein für ein wild bewegtes Stück Geschichte im Märkisch Oderland legten, damals schon den Begriff Teamgeist kannten, sei dahingestellt. Aber der Bau ihrer "Anbetungsstelle" - einer romanischen Kirche - die Kontrolle über 5000 Hektar Felder, Wälder und zahlreiche Seen weisen darauf hin, dass die Ritter tapfer an einem Strang gezogen haben müssen. Und auch für die nachfolgenden Johanniter, die ab 1312 das Zepter in der Hand hielten, war Stillstand ein Fremdwort.
Kämpfend an vielen Fronten kehrte man hungrig in den großen Speisesaal zurück. Jedoch herrschten strikte Regeln: Dreimal die Woche nur Fleisch, ansonsten Hülsenfrüchte, Käse, Eier- und Mehlspeisen, Brot und Breie. Es gab am Tag zwei Mahlzeiten. Freitags war Fastentag. Und stellen Sie sich vor: Die Mahlzeiten wurden schweigend eingenommen...
Erst 1812 durfte wieder gesprochen werden:;)... Da saßen plötzlich Frauen und Kinder mit am Tisch! Wie kam das? Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg durfte mit seiner Familie dort einziehen. Er hatte das Anwesen im Rahmen der Säkularisation von der preußischen Krone geschenkt bekommen. Landwirtschaft, Jagd- und Forstreviere und die Fischzucht sorgten für ein gutes Standbein. Aber wer denkt, die Familie hatte es immer leicht, der irrt sich gewaltig: 1944 beschlagnahmten die Nationalsozialisten den Gesamtbesitz. Die Anklage lautete: Beteiligung an dem politischen Attentat des 20. Juli. Ein Jahr später schlug die Bodenreform zu. Familie von Hardenberg wurde gezwungen, die Heimat zu verlassen und in die Ferne zu schweifen.
1993. An einem schönen Sommertag machte sich Graf Gebhard von Hardenberg von Göttingen nach Lietzen auf und beantragte die Rückübertragung. Er wollte zu den Wurzeln dieses geschichtsträchtigen Ortes: "Als ich mit meiner Frau Amelie hier am Küchensee stand, dachte ich, das ist Heimat. Aber die Gebäude waren komplett heruntergewirtschaftet. Zu DDR-Zeiten war die Komturei ein volkseigenes Gut mit 7000 Schweinen. Wir haben dort, wo heute unsere Obstbaumplantage wächst, Stallungen abgerissen, eine marode Kantine und andere Bauten. Wir wussten, dass ein harter Weg vor uns liegt!" Gesagt getan. Der Landwirt krempelte die Ärmel hoch und es ging los. Dank seiner Frau und Mitarbeiter gelang es ihm, die mittelalterlichen Anlagen der Komturei wieder zu einem Schmuckstück aufzubauen. Und die Land- und Forstwirtschaft, die Fischteiche und die Jagd in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen ökologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit auszuweiten.

Juli 2020: Die Familie hat sich in der Küche versammelt. Es wird gemeinsam gekocht. Amelie und Gebhard lieben es, ihre fünf Kinder, deren Partner und Enkelkinder um sich zu haben. Für die Vorspeise schneidet Gebhard Fisch. Nein, es ist heute ausnahmsweise keiner aus dem eigenen See. Heute gibt es Thunfischtatar mit Blinis - manchmal muss eben auch etwas aus der Stadt auf den Tisch;)) © Komturei Lietzen
Wie macht Gebhard sein Tatar? "Für vier Personen nehme ich 400 Gramm frischen Thunfisch. Der sollte vorsichtshalber vor dem Verzehr kurz eingefroren werden. Den dann fast aufgetauten Fisch in kleine Würfel schneiden, aber nicht hacken, ansonsten gibt es einen Brei. Zwei weiche Avocados von der Schale befreien, entkernen und ebenfalls in kleine Würfel schneiden. Für das Dressing nehme ich Sesamöl aus geröstetem Sesam, gepressten Limonensaft, frischgehackten Koriander, etwas zerdrücktes, klein geschnittenes Zitronengras, Salz, Pfeffer. Alles nach eigenem Bedarf abschmecken und anschließend kräftig verrühren. Das Dressing mit den Avocado- und Thunfischtatarwürfeln vermischen. Die Blinies auf eine Platte legen und mit einem Löffel kleine Klekse des Thunfischtatars garnieren. Fertig!"

In der Küche ist munteres Geplapper. Es gibt eine Menge zu besprechen, einer der Söhne übernimmt gerade die Leitung des ehemaligen Ritterguts. Er wird die Komturei-Feder mit neuen Vorstellungen schwingen. Ferienwohnungen in den alten Gemäuern zu schaffen, ist eines seiner Projekte. Ferienwohnungen - die sind eine einladende Idee, sich an diesen kultig-historischen Ort zu begeben, an die einzige erhaltene Niederlassung der Tempelritter in der wunderschönen Mark, sich treiben zu lassen... und zu träumen... Vom Leben der Ordensleute und den Vorfahren der Familie von Hardenberg. Und natürlich - deswegen sind wir ja eigentlich bei der Weißen Landtafel - von den vielen, guten Mahlzeiten, die es in den letzten mehr als 800 Jahren gegeben hat. Schade, dass die Rezepte nicht seit1232 aufgeschrieben wurden. Stellen Sie sich einmal vor.... Dann gäbe es morgen vielleicht bei uns im RezeptBlog Ackerbohnenmus mit Wildkaninchenragout... Herrlich!
(Und wer noch mehr über die Komturei erfahren möchte... https://www.komturei-lietzen.de/index.html)
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